Migration in Deutschland  Was Cemchen nicht lernt, lernt Cem nimmermehr. Bildungschancen und Migration  1979 veröffentlichte der erste Ausländerbeauftragte der  Bundesrepublik Deutschland (BRD), Heinz Kühn (ehemaliger  Ministerpräsident von Nordrheinfestfahlen, SPD), ein  Memorandum unter dem Titel: "Stand und Weiterentwicklung der  Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien in  der Bundesrepublik Deutschland". Dieses so genannte "Kühn - Memorandum" forderte vor mehr als  30 Jahren mit folgenden eindringlichen Worten die Integration,  insbesondere die schulische Integration von Kindern und  Jugendlichen der Migranten anzupacken.   "Der alarmierende Befund, insbesondere im Hinblick auf die  Zukunftsperspektiven von einer Millionen ausländischer Kinder  und Jugendlicher im Bundesgebiet macht umfassende  Anstrengungen dringlich, um größten individuellen und gesamtgesellschaftlichen  Schaden abzuwenden. Die bereits vorhandenen und erst recht die sich ohne eine  rasche entscheidende Wende für die nahe Zukunft abzeichnenden Probleme stellen  eine Aufgabe dar, die, wenn sie nicht alsbald gelöst wird, unlösbar zu werden droht und  dann verhängnisvolle Konsequenzen befürchten läßt".  In einer Rede am 25.03.2009 bei der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) in  Berlin sagte der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) folgendes:  "Zugleich müssen wir anerkennen, dass auch wir es Zuwanderern nicht immer einfach  gemacht haben, den Erwartungen gerecht zu werden. In Deutschland wurden in den  70er und 80er Jahren viele ausländische Kinder nur wegen Sprachschwierigkeiten an  Sonderschulen verwiesen. Das ist ein ganz bitteres Kapitel in unserer  Migrationsgeschichte." Verfolgt man die Diskussion über das Thema "Bildungschancen von Kindern und  Jugendlichen aus Migrantenfamilien" gewinnt man den Eindruck, dass sich in den  letzten Jahrzehnten an dieser Situation wenig geändert hat.  Die Wochenzeitung "Zeit" überschreibt ihren Online-Artikel von 2009 mit folgendem  Titel:  "Bildung bleibt für Migranten Glückssache.  Deutschland tut nichts, um Migrantenkinder zu fördern. Ihre Bildungschancen hängen  vom puren Zufall ab. Dabei stellen sie einen immer größeren Teil der Berufsanfänger.  Und von deren Qualifikation lebt die Wirtschaft."   Die Wissenschaftler Geißler und Weber-Menges kommen zu dem Ergebnis: "Migrantenkinder haben es im deutschen Bildungssystem besonders schwer. Ihre  migrationsbedingten Probleme werden durch unzureichende Förderung und  institutionelle Benachteiligung verschärft."   (Vergl.: Bildung und Chancen in: Heft 49/2008 bei der Bundeszentrale für politische Bildung) Als die erste Pisa Studie im Jahr 2001 herausgegeben wurde, war Deutschland  geschockt, dass es im internationalen Vergleich sehr schlecht abgeschnitten hat. Es  wurde unter anderem kritisiert, dass in Deutschland die Bildungschancen von Kindern  aus Migrantenfamilien im internationalen Vergleich sehr schlecht sind. Obwohl Änderungen im Bildungssystem eingeführt wurden, ist das Kernproblem, dass  es Migrantenkinder im deutschen Bildungssystem besonders schwer haben, bis heute  nicht hinreichend gelöst. Selbst wenn Migrantenkinder trotz dieser Erschwernisse einen gleichwertigen  Bildungsabschluss wie deutsche Kinder erreichen, werden sie später auf dem  Arbeitsmarkt diskriminiert. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) kommt in seinem Forschungs-und  Arbeitsergebnis zu dem Schluss: "[…], dass Migrantenkinder bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz gegenüber  deutschen Ausbildungssuchenden mit gleicher Qualifikation geringere Erfolgschancen  haben."   ( Vergl.:BIBB-Report vom Dezember 2011) Dies gilt auch für Migranten mit einem gleichwertigen Hochschulabschluss. Eine Studie  der Universität Konstanz hat herausgefunden, dass türkische Migranten allein aufgrund  ihres Namens weitaus schlechtere Einstellungsbedingungen hatten als Bewerber mit  deutschem Namen (mehr…). Um diese Diskriminierungen beim Bewerbungsverfahren auszuschließen, veranlasste  die Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Jahr 2010 ein Pilotprojekt, in dem sich  Interessierte anonym bei den Arbeitgebern bewerben konnten. Bei der Bewerbung sollte allein die Qualifikation im Vordergrund stehen. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, zog nach dem  Ende dieses Projektes eine positive Bilanz. Wie sie feststellte, hatten sich bundesweit  fünf Unternehmen sowie drei Arbeitgeber aus dem öffentlichen Dienst an dem  Pilotprojekt zur Anonymisierung von Bewerbungen beteiligt. Es zeigte, dass Migranten,  die sich anonym bewarben, größere Einstellungschancen hatten. (mehr…). Trotz der verbesserten Positionierung im Bildungssystem haben sich die Unterschiede  zwischen den deutschen und den ausländischen Schülern kaum verringert. Hier bestehen meiner Meinung nach die gravierendsten Versäumnisse. Durch das  Fehlen der Sprachförderung bei der ersten Generation von Gastarbeiterfamilien  (insbesondere bei Migrantenkindern) ist das Schul- und Ausbildungssystem nicht für die  Herstellung von Chancengleichheit für Migranten ausgerichtet worden. Die soziale  Herkunft von Kindern (ob Migrantenkind oder nicht) bestimmt den Schul- und  Ausbildungsweg und damit auch den gesamten Lebensweg. Diese Vorverurteilung ist  unabhängig von Intelligenz, Fleiß und Talent. 
Heinz Kühn Erster Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Amtszeit 1978 - 1980